Der Artikel wurde in „laut & leise“ 3-2013, dem Magazin der Suchtprävention des Kantons Zürich, veröffentlicht.
Nein, nein es geht hier nicht um die gängigen Klischees, wie sie süchtigen Mitmenschen aufgedrückt werden: Ganz im Gegenteil, ich spreche von den Professionellen.
In der Regel werden unsere erwachsenen, drogenabhängigen und oft auch psychisch erkrankten Klient*innen über Jahre von unterschiedlichen Fachstellen betreut: Entsprechend beeindruckend ist die dokumentierte Krankheitsgeschichte. Nur: Das betroffene Kind fehlt, findet keine Beachtung – es lebt ja bei der Mutter – und so taucht es in den Akten höchstens als Randnotiz auf. Selbst arrivierte Institutionen «vergessen», nach allfälligen Kindern in der Sucht-betroffenen Familie zu fragen.
Ist es mangelndes Wissen, wenn das Drama der unbetreuten Kinder von süchtigen Eltern von den relevanten Fachkreisen bis heute verharmlost und nicht zur Kenntnis genommen wird?
Zu dieser Annahme passt die Antwort des Psychiaters, den ich auf das offensichtliche Elend der Kinder «seiner» Patientin ansprach; er meinte kurz und knapp: Er habe nur einen Auftrag für die Frau.
Kinder geben keinen Auftrag, Kinder sind ein Auftrag! Kinder aus belasteten Familien dürfen nicht länger schutzlos den Problementwicklungen ihrer Eltern ausgeliefert sein. Profis, die wegsehen und sich mit dummen Ausflüchten aus der Verantwortung stehlen, tragen Mitverantwortung an vielerlei Formen von strukturellen Misshandlungen, denen diese Kinder täglich ausgesetzt sind.
Solange sich die moderne Suchtarbeit auf psycho-pathologische Diagnosen kapriziert, solange fällt das betroffene Kind aus dem Fokus des Interessens. Erst wenn endlich sozialdiagnostische Grundlagearbeit selbstverständlich ist, wird das betroffene Kind sichtbar und kommt – hoffentlich! – zu seinem Recht.